Unisono

von makemake produktionen in Koproduktion mit WUK performing arts | WUK | ab 12 Jahren | Lisa Müller

Vier Performer:innen (Barca Baxtant, Martina Rösler, Kajetan Uranitsch, Steffi Wieser) und die Macht des Kollektivs. Als geschlossene Einheit nehmen sie zu metallischen Beats die schwarz-glänzende Tanzfläche ganz für sich ein. Das Bühnenbild ist minimalistisch: gleißendes Licht und grauer Nebel. Denn mehr braucht es nicht. Im Vordergrund steht die fesselnde Performance, in der Tanz, Gesang und gesellschaftskritische Lyrik einander dynamisch abwechseln.

Unisono beleuchtet in packenden Sequenzen das vielschichtige Spannungsfeld zwischen Individualität und Masse. Kann es überhaupt ein Ich geben, wenn das Wir so übermächtig ist? Die Performance zeigt: ja und nein. Denn Menschen sind nicht perfekt, sie machen Fehler und tanzen aus der Reihe – copy and paste funktioniert nicht. „Du bist zu spät!“ „Nein, du bist zu spät!“ lauten die fast gleichzeitigen Anschuldigungen, während die Choreografie aus dem Takt gerät, und bringen zum Schmunzeln. „Wir machen alles gleichzeitig, aber wir machen nicht alles gleich, denn wir sind nicht gleich!“ verkünden die Darsteller:innen. Diese Diskrepanz wird humorvoll aufs Korn genommen. Während alle anderen genüsslich in knackige Äpfel beißen, muss ein Unglücksrabe eine rohe Zwiebel auf der Bühne verspeisen. Denn nicht alles, was für die breite Masse taugt, funktioniert auch für den Einzelnen. Aber um dazuzugehören, müssen Unannehmlichkeiten in Kauf genommen werden. Im Gleichschritt zu marschieren erfüllt, man fühlt sich zugehörig – gemeinsam kann man alles schaffen. Doch sobald jemand für sich allein stehen will, gibt es keine Toleranz mehr für Individualität. Die Solo-Performance wird durch das gewaltsame Einschreiten der anderen unterbrochen, sie zerren und erdrücken. Verschmitztes Augenzwinkern muss Brutalität und Unerbittlichkeit weichen. Eine Szene wirkt dabei besonders nach: Ein Schwarm von Vögeln wird von einem Sperber angegriffen. Die Gruppe überlebt, aber ein Einzelner muss für das Wohl aller sterben. „Wer im Schwarm fliegt, ist sicher. Wer im Schwarm fliegt, friert nicht“ sagen sich die anderen immer und immer wieder vor, während sie sich aneinanderklammern. Die Masse ineinander verwobener Körper bewegt sich zu beklemmend-dröhnender Musik, wirkt wie ein einziger Organismus. Das Licht taucht die Tanzfläche in Blutrot.

Nicht zuletzt durch die ausdrucksstarken Performer:innen ist es Unisono gelungen, die komplexe Ambivalenz zwischen Kollektiv und individuellem Streben auf der Tanzfläche kritisch und humorvoll zum Ausdruck zu bringen. Prädikat: Sehenswert.

Konzept: makemake produktionen | Choreografie: Martina Rösler | Text: Theresa Seraphin | Komposition: Katharina Ernst | Bühne: Nanna Neudeck | Dramaturgie: Anita Buchart | Stückentwicklung: Michèle Rohrbach Produktion: Julia Haas | Kommunikation: Birgit Schachner | Assistenz: Michèle Tacke | Performance & Stückentwicklung: Barca Baxtant, Emmy Steiner, Kajetan Uranitsch, Steffi Wieser

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