NACHTS
Vrum Performing Arts Collective│Dschungel Wien│4+│ Anna Bauer
Ein weißer Fadenvorhang, rhythmische Hintergrundmusik und ganz viele goldgelbe Lichtperlen. Basierend auf der Prämisse des Bilderbuchs „Nachts“ von Wolf Erlbruch, dass nachts – anders als es die Erwachsenen behaupten – sehr wohl viel los ist, tanzt sich Jolyane Langlois im dunkelblauen Glitzertop durch die Nacht. Dabei begegnet sie mysteriösen Schatten, hebt den Mond vom Himmel und wird nicht zuletzt zum spukenden Geist. Der Bezug zu Erlbruchs Bilderbuch konstituiert sich dabei hauptsächlich durch subtile Referenzen. So erinnern die projizierten Kinderaugen an Erlbruchs Zeichenstil und Stimmen aus dem Off rezitieren immer wieder Textausschnitte, die zumindest an die Buchvorlage angelehnt sind. Ausgerechnet auf die ikonischen Phantasiewesen, die Erlbruch in „Nachts“ illustrierte, hofft man die Performance hindurch aber vergeblich.
Das multimediale Tanztheater, das vom Vrum Performing Arts Collective konzipiert und im Dschungel Wien aufgeführt wurde, punktet primär durch seine beeindruckende Bühnentechnik. Auf den ersten Blick wirkt der weiße Fadenvorhang in Kombination mit dem schwarzen Bühnenraum äußerst reduziert. Im Laufe der nächsten fünfundfünfzig Minuten entpuppt er sich aber als hervorragende Leinwand, auf die von besagten illustrierten Augen bis hin zu überdimensionalem Schatten sämtliche Wunder der Nacht projiziert werden. Die Projektionen sind dabei minutiös mit Choreografie und Musik abgestimmt, jedes Bild und jede Bewegung sitzen. Auch verschwindet Jolyane Langlois immer wieder hinter dieser weißen Fadenwand der Nacht, tanzt dabei mit und gegen ihren Schatten. Besser ließen sich die Mysterien der Dunkelheit wohl nicht ausdrücken.
Zum Fürchten ist die Nacht aber trotzdem nicht, vielmehr ist sie durchzogen von Wundern und vom Staunen. Einmal wird der Mond vom Himmel gehoben, ein anderes Mal die Lichtkugeln wie frischgefangene Glühwürmchen auf der Bühne verteilt. Leider verläuft das Stück an manchen Stellen in der Langatmigkeit, vor allem, wenn zum wiederholten Male die kleinen Lichtkugeln umhergeschlichtet werden. Aber andererseits: Auch in der Nacht zieht sich das Leben manchmal ein wenig in die Länge, warum sollte es also auf der Bühne anders sein?
Konzept: Sanja Tropp Frühwald, Till Frühwald │Regie+Choreografie: Sanja Tropp Frühwald │Dramaturgie+Text: Cornelius Edlefsen │ Musik: Oliver Stotz │ Ausstattung: Wolfgang Pielmeier │ Licht: Dina Marijanović │Produktionsleitung: Till Frühwald │ Sprecher: innen: Mila Frühwald, Jaša Frühwald, Till Frühwald, Adele Landrichter, Rosza Lichtenberger, Lilly Prohaska│Tanz+Performance: Jolyane Langlois