Blutsschwestern – TheaterFOXFIRE /// dschungel wien /// 13+ /// Theresa Luise Gindlstrasser ///
„Ich brauche ein anderes Verständnis von Geschlecht“, der Satz fällt nicht am Anfang schon, er unterstreicht aber den gesamten Abend sehr. Ein anderes Verständnis, ein polymorphes nämlich, von dem was so umstandslos auf irgendwelchen Formularen mit „weiblich“ gemeint ist. Die fünf Performerinnen in der Tanztheater Produktion „Blutsschwestern“ von Corinne Eckenstein durchwandeln viele erdenkliche Klischees von „Frau“, verqueren die ins Gegenteil und verwursten die bis davon nur noch „Individuen“ übrig bleiben. Nur noch, das ist gut gesagt. Sehr viel, ganz viel, richtig viel, bleibt da über. Nämlich Menschen, die ihre eigene Geschichte schreiben, oder schreiben wollen, Menschen die sich austesten, auch austesten was gegen klassische feministische Überlegungen geht, eben austesten was hauptsächlich sie selber interessiert.
Die angegebenen 75 Minuten Dauer sind eine kleine Untertreibung. Länger ist es schon. Das tut dem ganzen keinen Abbruch, nein, ganz und gar nicht, weil sich auf der Bühne ein Spiel aus dem vorherigen ergibt. Die fünf wandeln eben von Choreographie zu Choreographie zu Ruhe zu Spiel. Sind mal sexy, mal blödeln sie und rülpsen laut. Und ganz viel Rotz und Zorn: „No one tells me what to do“. Bis am Ende auch die Unsicherheit über das eigene Austesten zur Sprache kommt, und während sie sich ausziehen, bis hin zur Unterwäsche, währenddessen erzählen sie vom Unbehagen mit sich selbst. Aber beim Finale ist die Energie wieder oben, gut so, das ganze ist auch ein Fest, ein Fest von elegant ineinander laufenden, sich auseinander entwickelnden polymorphen Verständnissen von Identität.
Konzept, Regie: Corinne Eckenstein | Choreografie: Corinne Eckenstein & Ensemble | Raumkonzept: Corinne Eckenstein | Kostüme: Andrea Simeon | Musik: Sue Alice Okukubo | Foto, Video: Rainer Berson | Assistenz: Johanna Müller, Jana Püscher | Produktion: Alexandra Hutter | Darstellerinnen: Lilie Lin, Sandra Müller, Maria Teresa Tanzarella, Caroline Weber, Yuri Yoshimura