Spiel auf Zeit

von Kompanie Freispiel | Dschungel Wien | 7+ | Julia Gramm

Wie beginnt man ein Theaterstück zum Thema „Zeit“? Klar, mit Zeitstress. Simon Schober hetzt auf die leere Bühne: Den Griff des Rollkoffers in der einen Hand, die Laptoptasche in der anderen und das Festnetztelefon fest unter den Arm geklemmt zählt er außer Atem auf, was die Kompanie Freispiel alles für das folgende Theaterstück braucht: Einen Strand mit Meer, dazu Katzen – 6 Stück, ägyptische! – und einen Tannenbaum, der soll bitte aus Norwegen sein. Stressbedingt gereizt wendet er sich schließlich an die Lichttechnik: „Das Licht blendet voll. Kann man da vielleicht etwas machen?“ Die Lichttechnik kann. Als sodann statt des Bühnen- der Zuschauer*innenraum ausgeleuchtet wird, steht Schober der Schock ins Gesicht geschrieben: „Ui, das Publikum ist schon da! Und nichts ist fertig!“ Im Eiltempo macht sich das Quartett (neben Schober: Desi Bonato, Chiara Bartl-Salvi und Felix Kislich) fertig und steigt am Anfang aller Zeit ein: Beim Urknall.

Bei der Nacherzählung vom Big Bang bis zur Entwicklung des modernen Menschen legt Kompanie Freispiel die Gemachtheit des Theaterspiels in der Inszenierung offen. So entsteht oftmals Komik, etwa bei der Entdeckung des Feuers: Bartl-Salvi rollt einen Besenstiel konzentriert zwischen den Handflächen. Die Blicke des Vierergespanns kleben auf der Stelle am Boden, an der die Spitze des Stabs reibt. Nach einigen spannungsvollen Sekunden zieht Bonato aus ihrem Rucksack ein rotes Wollknäul hervor und schupft es an eben diesen Fleck Boden. „Wir haben Feuer gemacht!“, jubeln die Performer*innen und klatschen sich gegenseitig ab, während das Publikum in Gelächter ausbricht.

Der Bogen zum Anfang wird am Schluss Dank einer Zeitreise Schobers und des anschließenden Déjà-vu-Erlebnis für das Publikum gespannt: Schober hetzt erneut samt Rollkoffer, Laptoptasche und Festnetztelefon auf die inzwischen mit Requisiten gut gefüllte Bühne. Wieder zählt er im selben Wortlaut seine Requisitenwünsche auf: Strand, Meer, Katzen, Tannenbaum – und marschiert dabei an einem Paravent mit einem Meeresstrand-Aufdruck, einem weiteren Raumteiler mit sechs Kätzchen als Motiv und einem maroden Plastiktannenbaum vorbei. Genial!

Kompanie Freispiel lädt zu einer durch und durch ulkigen Stunde Performance ein, die das Medium Theater erfahrbar macht und bei der das Publikum, ohne es zu merken, das eine oder andere rundum das Thema Zeit aufschnappt.

Konzept, Regie: Kajetan Uranitsch | Performance, Stückentwicklung: Desi Bonato, Chiara Bartl-Salvi, Simon Schober, Felix Kislich | Zeitmaschine: Olga Steiner | Produktionsassistenz: Keno Meiners | Licht: Mirza Kebo | Fotos: Sara Schober

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