Der Junge und das Meer /// Eine Produktion der Wiener Sängerknaben /// MuTh /// 6+ /// Elisabeth Hochwarter
Was braucht ein Mann mehr als das Meer. Der junge Ben mit den widerspenstigen Locken wächst in der Grafschaft Suffolk mit „seinen Wasservögeln, seinen großen Häfen, seinen kleinen Fischerdörfern“ an der Nordsee auf. Hier wird Benjamin Britten geboren. Hier hält er sich bis zu seinem Tod am liebsten auf. Und hier gründet er nach dem Krieg das Aldeburgh Festival, bei dem er 1967 die Uraufführung der für die Wiener Sängerknaben geschriebenen Kinderoper The Golden Vanity dirigiert. Sogar Queen Elisabeth kommt zu Besuch.
Die kurze Piratenoper bildet das Herzstück der Produktion Der Junge und das Meer, die anlässlich des 100. Geburtstages von Britten 2013 entstanden ist und nun wieder im MuTh von den Sängerknaben aufgeführt wird. Britten ist dazu gleich in zweifacher Form auf die Bühne zurückgekehrt: Der reife Britten führt dank Nikolaus Habjan und einer Klappmaulpuppe höchstpersönlich durch sein Leben und Schaffen. Allerdings hätte Britten seinem Lebensgefährten und kongenialen Partner, dem Tenor Peter Pears, wohl etwas mehr Platz eingeräumt. Den jungen Britten verkörpert Lukas Sternath, der vor allem Lieder aus den Friday Afternoons in großartigem Spiel am Klavier begleitet.
Das Meer ist die Brandung des Stücks. Das „vierte B“ der Musikgeschichte war durch die Schule der Nordsee und der Häfen gegangen, die neben der Schönheit der Natur auch das raue Leben der Fischer und Hafenarbeiter bereithielt. Und so hat sich Britten mit The Golden Vanity nicht bloß eine abenteuerliche Seeräubergeschichte als Stoff ausgesucht, sondern eine alte Ballade, in der streng hierarchische Strukturen kritisiert werden. Der Kapitän und seine Schiffsbesatzung werden zu Barbaren, während sich die Piraten als bessere Gefährten erweisen.
Unter der Regie von Christiane Lutz ist es geglückt, Leben und Werk des Komponisten für Erwachsene und Kinder genauso ansprechend auf die Bühne zu bringen. Der Gesang der jungen Profis wechselt mit biografischen Erzählungen, die Britten als Menschen und Komponisten greifbar werden lassen. Der kurzweilige Rhythmus erhält allerdings gegen Ende des Stücks etwas Überhang, als vor dem Stück im Stück noch einiges an erzählter Lebenszeit untergebracht werden muss. Dieser kleine Makel wird von der nächsten musikalischen Welle aber gleich wieder weggespült. Ein toller Abend, der Lust auf mehr Ben und mehr vertontes Meer macht!
Premiere: Do, 6. November
Oper ab 6+
Eine Produktion der Wiener Sängerknaben / Regie: Christiane Lutz / Musikalische Leitung: Gerald Wirth / Dirigent: Jimmy Chang / Ausstattung: Natascha Maraval / Ein Schauspieler/ Puppenspieler: Nikolaus Habjan / Chor der Wiener Sängerknaben