Am Hafen mit Vogel
von Sand-Production| Dschungel Wien | 7+ | Lisa Müller
Naninas Papa sagt, ihre Oma hat mondgroße Ohrläppchen und drei goldene Ringe. Er sagt auch, sie riecht nach Zimt, Fleisch und wildem Knoblauch und hat die Taschen voller Süßigkeiten. Endlich darf Nanina sie besuchen, darf zu ihr fliegen in einem „Flugmaschinenvogel“ und Oma in die Arme nehmen. Denn: Nanina hat jetzt, wie sie es nennt, schweres Papier bei sich und zieht stolz den magisch glitzernden Reisepass hervor. Nicht jeder besitzt einen Pass, findet sie heraus, als sie auf Dodo, den flugunfähigen Vogel in quietschgelbem Mantel trifft. Aber was ist ein Pass, was bedeutet es zu fliegen und warum haben Länder Fahnen und Grenzen? Wer entscheidet, wer fliegen darf und wer nicht? Ziemlich große und wichtige Fragen, die hier zwar aufgeworfen, aber leider nicht beantwortet werden.
„Am Hafen mit Vogel“ ist ein Potpourri verschiedener Thematiken, die in kompliziert verballhornten Dialogen angeschnitten, aber nie zu einer Konklusion geführt werden. Satzfetzen, Wortverdrehungen und ominöse Grammatik machen es schwer, den Gesprächen zu folgen. Problemstellungen werden viel zu subtil aufgegriffen und sofort wieder fallen gelassen, meistens noch mitten im Satz. So versucht man in vermeintlich kindlicher Manier ein naives Weltbild zu zeichnen, erreicht aber nur die Infantilisierung des Publikums. Mehr noch, es wird der Eindruck erweckt, man traue seiner Zielgruppe nichts zu. Schade, denn das Stück hat so viel Potential. Stattdessen wird die Verständlichkeit der Darbietung auf knallige, visuelle Lichtspiele und Soundeffekte mit Wumms reduziert. Diese aber werden nicht nur originell umgesetzt, sondern machen Spaß und kommen auch gut an. Und wenn Dodo am Seil über die Bühne schwingt, ist das schon ein Spektakel. Das nüchterne hellblaue Bühnenbild bildet einen gelungenen Kontrast zu den bunten Kostümen der Schauspieler:innen und besticht vor allem durch seine Vielseitigkeit. Gerade befinden sich Nanina und Dodo in der Transitzone? Dransidone? Tanzzitrone? Doch nur ein paar Kisten verstellt und schon ist ein Flugzeug gebaut: die beiden heben ab, ab, lassen den Boden hinter sich und befinden sich in 11 km Höhe. Die bunte Verpackung kann aber trotzdem nicht von der lückenhaften Handlung ablenken. Wer punktet sind die sympathischen Schauspieler:innen, die mit viel Elan und Augenzwinkern der dadaistischen Verirrung Leben einhauchen.
Autorin: Anah Filou Regie: Sandra Schüddekopf Bühne, Projektionen: Vanessa Eder-Messutat
Regieassistenz: Hannah Zauner Kostüme: Verena Geier Licht: Jana Resetarits
Es spielen: Naemi Latzer, Anna Morawetz, Alexander Braunshör
Aufführungsrechte: rua. Kooperative für Text und Regie, Berlin