Do. Apr 18th, 2024
Tramway, Trott und Tiefkühlfisch (Métro Boulot Dodo)
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Tramway, Trott und Tiefkühlfisch (Métro Boulot Dodo)

Tramway, Trott und Tiefkühlfisch (Métro Boulot Dodo) ///SZENE BUNTE WÄHNE/// Nevski Prospekt (Belgien) im Dschungel Wien /// 6+ /// Elisabeth Hochwarter

Dem „Traum vom Fliegen“ widmet sich das diesjährige Tanzfestival für junges Publikum Szene Bunte Wähne. Die Eröffnungsproduktion „Tramway, Trott und Tiefkühlfisch“ (Österreichpremiere) wirbelt Aktenstöße der eintönigen Arbeitswelt gehörig durcheinander.

Der leichter von den Lippen gehende Originaltitel „Métro Boulot Dodo“ bezeichnet den alltäglichen Ablauf eines arbeitenden Großstädters: pendeln, arbeiten und schlafen. Der Wecker läutet. Vier Männer in graublauen Anzügen gehorchen. Alle heißen Hermann, alle haben den gleichen Tagesablauf. Mit lächerlich verkrampft aussehenden Posen à la Monsieur Hulot tanzen sich die vier Uniformierten durch den Tag: Stehend, Hin- und Herschaukeln in der Bahn, die Hände oben in der imaginierten Schlaufe; peinlich berührtes Gedränge im Lift, ein Nieser, der sein Gegenüber voll trifft und dann: Stapel Papier ordnen nach A wie Alpha, B wie Beta, usw. Gesprochen wird im Stück kaum. Bewegung, Pantomime und prägnante, disziplinierende Geräusche tragen das Stück.

Kantinenessen auf Signalton und betriebsverordnetes Turnen darf natürlich nicht fehlen. Sogar die Freizeit ist verordnet. Als ein Hermann eines Tages nach dem Genuss einer Arie die Akten nach A wie Ananas oder E wie Eispalatschinke sortiert, beginnt die Routine aufzubrechen. Der Nächste tanzt in Stöckelschuhen zu Gloria Gaynors Disco-Version von I am what I am. Der Tanz ist rund, Hermann ist bei sich angekommen. Aus der grauen Masse befreien sich Individuen. Ein frischer Wind wirbelt durch das Büro und lässt das Papier herrlich fliegen.

Die Mischung aus Slapstick und Tanztheater der belgischen Tanzcompany Nevski Prospekt kritisiert gedankenlose Routine des grauen Arbeitsalltags auf herzhaft komische Weise. Und ja, auch Kinder kennen den „Trott“ – aus der Schule, wie ein junger Zuschauer versichert. Herrliche Zeiten gegen Monotonie für Büromenschen und solche, die es (nie) werden.

Idee, Konzept, Choreografie, Performance: Gregory Caers, Ives Thuwis-De Leeuw, Wim de Winne, Tom Ternest, Patrick Vervueren | Bühne, Kostüm: Nevski Prospekt | Lichtdesign: Jeroen Doise

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