Peter Pan /// Nach J. M. Barrie in einer Fassung von Julia Burger und Julia Perschon /// Dschungel Wien /// 6+ /// Timon Mikocki
Der Dschungel Wien beeindruckt derzeit mit einer rasanten, sehr lustigen und intelligent modulierten Version der allseits bekannten Kindergeschichten von Peter Pan. Die Regisseurin hat die Herausforderung, Barries Fantasielandschaften auf die Bühne zu bringen, mit einer der besten Inszenierungen seit langem gemeistert. Effektvolle Props, vielsagende Lichter, pointierte Musik, bestechendes Kostüm und die Ausnutzung aller Dimensionen des Saals sorgen für vielseitige Tiefe. So werden hinter der anfänglich konservativ eng gehaltenen Bühne Ozeane und Buchten sichtbar. Am meisten Spaß dürften die DarstellerInnen beim „Fliegen“ an von der Decke hängenden Seilen haben. Die Magie entsteht durch intelligente Einfälle und das nahtlos ineinandergreifende Gegenspiel der idealen Besetzung. Für die Mehrfachrollen sind schnelle Wechsel nötig. Rino Indiono begeistert schon ganz zu Anfang als täuschend echter Hund. Peter Pan selbst ist älter, als man ihn im Kopf hat, sein angeberischer, trotzig-liebenswürdiger Ton gibt der Hauptrolle eine erfrischende Schlagseite (Sven Kaschte). Auch die Fee Glöckchen (Steffi Jöris) schwebt nicht grazil mit Feenstaub auf die Bühne, sondern ist hier als empörte, zuckersüß-koboldhafte Pantomime angelegt, die allen die Show stiehlt. Wendy (Mira Tscherne) agiert ein wenig starr, macht aber als Figur, um die sich die Handlung drehen können muss, ihre Sache gut. Und die zierliche Maartje Pasman gibt einen vierschrötigen Hook, der durch stolzes Gehabe imponiert. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Eindruck, moralische Lehren werden hintangehalten. Große Dynamik bringt die Gleichzeitigkeit mehrerer Handlungsebenen, zur Entspannung gibt es auch sensible Momente und insgesamt viel zu Lachen. So wird das innere Kind am Leben gehalten. An der Peripetie werden die Zuschauer aktiv und klatschen dem sterbenden Glöckchen wieder Energie ein. Von da an entwickelt sich ein fantastisch choreographiertes Finale, in dem Piratengesang, Täuschungen und Kampfszenen in Kill-Bill-Manier aufeinanderfolgen.
Einziger Wermutstropfen ist der Akzent der holländischen Schauspielerinnen, durch den der Text stellenweise schwer verständlich wird. Über Hoppalas bei der Premiere lässt sich angesichts der grandiosen Inszenierung aber leicht hinwegsehen. Unbedingte Empfehlung!
Regie: Julia Burger; Ausstattung: Sabine Ebner; Dramaturgie: Julia Perschon; Regieassistenz: Christina Pröll; Lichtdesign: Alexander Suchy; DarstellerInnen:
Peter Pan: Sven Kaschte; Wendy Darling: Mira Tscherne; Glöckchen, Smee, Vater: Steffi Jöris; Kapitän Hook, Mutter: Maartje Pasman; Slightly, Tiger Lily, Krokodil: Viviane Podlich; Tootles, Hund Nana: Rino Indiono