Ein Gespräch mit Nadja und Martin Brachvogel über Kindertheater /// Elisabeth Hochwarter ///
Nadja und Martin Brachvogel gründeten 2004 das Theater Mundwerk. Um ihre Entwicklung vom Sprechtheater zu offeneren, künstlerisch freieren Formen des Theaters widerzuspiegeln, benannten sie sich 2010 in Follow the Rabbit um. Gleich einem Hasen schlagen sie Haken, wechseln Genre und Ästhetik je nach Stück und Inhalt. Verstärkt wird das Duo dabei von Freunden und Bekannten, Musikern wie bildenden Künstlern, darunter oft Regisseur Simon Windisch.
Habt ihr als ihr klein ward selbst Theateraufführungen gesehen?
Nadja Brachvogel: Nicht sehr oft, aber ich kann mich an die ein oder andere Aufführung erinnern.
Martin Brachvogel: Ich auch, sehr wenig. Ich war eines von diesen Hunderten von Kindern, die in ein großes Theater gestopft wurden, wo dann eine Kinderaufführung von der Zauberflöte gezeigt wurde.
Was soll im Kindertheater passieren?
N: Ich habe schon den hohen Anspruch, dass ich denke, das sind Leute, die gehen zum ersten Mal ins Theater und müssen es gut finden. Das ist ein Unterschied zum Erwachsenentheater, bei dem ich kein Problem damit habe, das Publikum zu langweilen, wütend zu machen oder zu verstören. Aber Kindern sollten sagen: Ich war im Theater und es war klasse. Trotzdem – das finde ich daran so schwierig – darf man sich selber nicht verraten und anbiedern.
M: Genau, man muss unglaublich aufpassen, nicht gefällig zu sein. Das funktioniert nämlich ganz gut bei Kindern: Luftballons, Slapstick, Fürze. Kinder lieben Fürze, oder miteinander auf der Bühne zu tanzen, mit zu klatschen. Es ist sehr leicht Kinder zu unterhalten. Es ist ein Mythos, dass Kinder…
N: …kritischer sind. Kritischer sind sie nicht, sie sind nur ehrlicher. Wenn sie sich langweilen, dann lassen sie es auch voll raus und beschäftigen sich mit was anderem.
Seit wann macht ihr Kindertheater?
N: Als wir 2004 angefangen haben, war noch nicht so klar, dass das ein Schwerpunkt wird. Aber durch unseren Hintergrund – wir wurden ja beide im Stadt- und Staatstheater ausgebildet – haben wir gemerkt, dass wir im Kindertheater freier sein können.
M: Es gibt keine Dogmen. Im freien Erwachsenentheater war das Dekonstruktive damals en vogue, allmählich nicht mehr, aber damals sollte man dekonstruieren. Performance ist immer noch ein Thema, Geschichten hingegen weniger und wir sind großer Fan von Geschichten.
Daneben gab es großen Druck innovativ zu sein, was auch immer das bedeuten mag. Ein Unwort eigentlich. Im Kinderbereich gibt es das nicht. Und bei unserem Hintergrund – wir sind ja reproduzierende Künstler gewesen, d. h. sich immer auf die Regie-Fantasie zu setzen – wollten wir erst mal völlig unterschwellig das machen, was uns Spaß macht.
Die Grenzen des Kindertheaters liegen in der altersgerechten Produktion.
N: Natürlich und das ist die Herausforderung.
M: Wir mussten herausfinden, dass Kinder unter einem gewissen Alter einfach nicht wissen, was Ironie ist. Sie nehmen alles für hundertprozentig. Man kann nicht sagen: „Oh, wie lustig!“ Die Kinder denken dann, man findet etwas lustig. Bis 6 darf man eigentlich nicht ironisch oder zynisch sein. Das funktioniert nicht. Und natürlich will man Kinder nicht verstören. Dass sie sich gruseln, finde ich spannend und da muss man sie auch nicht schonen.
Und das macht ihnen auch Spaß.
M: Total. Solang sie das Theater nicht verlassen, dürfen sie sich gruseln und erschrecken. Das ist erlaubt, aber Kindertheater ist oft viel zu behutsam.
N: Man merkt immer wieder, dass man Kindern viel mehr zutrauen kann, als man denkt. Sie werden unterschätzt.
M: Der Mainstream, die meisten Kinderstücke so bis 6 sind auch bevormundend. Die Schauspieler machen große Augen und reden sehr deutlich. Und Kinder müssen hier alles verstehen. Wir bauen immer Ebenen für Erwachsene ein. Den ganzen Tag erleben Kinder Dinge, die sie nicht verstehen. Das ist überhaupt kein Problem. Man kann ohne weiteres auch erwachsen sein, wie Die Simpsons. Natürlich muss es eine Ebene geben, die von Kindern verstanden wird – das ist die Hauptebene, aber es darf auch über diese Ebene hinausgehen.
Ihr spielt auch in Frankfurt. Gibt es da Unterschiede was Kindertheater betrifft?
N: Das Publikum ist schon sehr anders.
Wie anders?
N: Die sind hier frecher, offener. Sowohl die Grazer als auch die Wiener Kinder sind frecher.
Soviel Widerspruch in einem kurzen „Gespräch“habe ich noch nie gelesen und noch nie soviel blödsinniges Gelaber. „Kinder sollen sich gruseln“ Kinder werden unterschätzt und können viel mehr ab, wenn sie sich gruseln oder erschrecken. Diese sogenannten schauspielerischen Kinderexperten, sollten einmal einen Lehrgang in Kinderpädagogig besuchen, bevor sie sich über diese hermachen!
Robert Flemming