Die Insel

von Company Two in One | Dschungel Wien | 10+ | Julia Gramm

Ákos Hargitay tritt auf die Bühne und stellt sich als Choreograf, Tänzer und nun auch (Klima-)Aktivist vor. „Es ist Zeit, etwas für die Erde zu tun“, erklärt er mit Pathos. Anstelle auf eine Uhr tippt er dabei mehrmals auf eine kleine Weltkugel, die an seinem Armband montiert ist. Begeistert erzählt er von seinen Held*innen – Aktivist*innen Greta Thunberg und Rob Greenfield sowie Astronom Carl Sagan – und deren Ideen, die diese Produktion informiert und inspiriert haben.

Nachdem Hargitay die Bühne verlassen hat, zeigt sich, dass der vermeintliche Misthaufen im Hintergrund tatsächlich einer der beiden Performer*innen (Łukasz Czapski) ist: Sein Upcyclinggewand aus alten Einkaufstaschen ist über und über mit befüllten Mistsäcken behangen. Nach einer kurzen Erläuterung zur Mistproduktion des*der durchschnittlichen Europäer*in (2 kg/Kopf/Tag!) beginnt Czapski sich zur einsetzenden Elektromusik wie ein leeres Mistsackerl im Wind zu wiegen. Je länger er tanzt, desto mehr Tetrapacks, Plastikflaschen und Dosen fliegen um ihn herum. Elda Gallo tritt auf und beginnt den verstreuten Mist einzusammeln, während Czapski ungerührt weitertanzt. Als Gallo schließlich das Wort ergreift, kommt durch sie die (zurecht) zornige Greta Thunberg zu Wort: „This is all wrong!“, ruft sie und deutet auf den Mistberg abseits der Tanzfläche, „I should not be here!“ Während Gallos Monologs klettert Czapski auf ihren Rücken, bis sie ihn abschüttelt – und er wieder aufs Neue beginnt, sich an ihren Rücken zu klammern. Die Menschheit kann ihre Augen vor der Klimakrise nicht verschließen.

Czapski und Gallo tanzen sich durch die nächste halbe Stunde durch verschiedene Tanzstücke, die dank ihre abwechslungsreiche Formsprache und der präzisen Ausführung der Performer*innen glänzen. Ganz besonders bleibt das letzte Stück in Erinnerung: Die Performer*innen haben ihr Upcyclinggewand abgelegt und reichen einander beide Hände – und lassen einander fortan nicht mehr los. Sie wirbeln einander und umeinander herum, genauso wie die Erde, die sich im Hintergrund auf der Projektionsfläche immerzu weiterdreht. Rücksicht und Zärtlichkeit liegt in jeder Bewegung der Performer*innen; ein Umgang, den die Menschheit auch mit der Erde – dem einzigen Zuhause, das wir Menschen kennen – finden sollte. Zum Schluss halten die Performer*innen inne: Sie stehen einander gegenüber und halten sich bei den Händen, wenden den Blick zur Erde zu … Nach wenigen Momenten endet das Stück in einer Umarmung.

Die Insel nimmt sich mit der Klimakrise eines der drängendsten Themen unserer Zeit mit choreografischer Finesse und ausgeprägtem tänzerischen Können an. Auch Tanzmuffel werden den Aufführung berührt verlassen: Sehenswert!

Choreografie: Ákos Hargitay in Zusammenarbeit mit den Performer:innen | Performance: Elda Gallo, Łukasz Czapski | Inszenierung: Ákos Hargitay | Dramaturgie, Assistenz: Michaela Hargitay | Musik, Klanginstallation: Gammon | Kostümdesign: Norma Fülöp | Bühnenbild, Video: Ákos Hargitay | Licht, Technik: Christo Novak, Mirza Kebo | Mit freundlicher Unterstützung von Zero Waste Austria | In Kooperation mit Greenager.org | Fotos: Barbara Pálffy

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