„Cut – eine bewegte Zeit“ (Claudia Bühlmann) ///
Tomáš Mikeska ///
Wie definiert sich Zeit? Welche Bedeutung hat Zeit? Für wen, wann und wo? Claudia Bühlmann entschied sich bei Ihrer Kollektivinszenierung für ein Thema, das meist an allen vorbeirast oder sich auch zieht. Unter diesen Umständen wird sie ebenso von Normalsterblichen wahrgenommen – die Zeit. In “Cut“ jedoch wird versucht dieses Phänomen aus mehreren Seiten zu beleuchten. Manchmal zieht sie sich auch hier, doch meist vergisst man sie innerhalb der Inszenierung selbst. Eine Ironie an sich. Situiert wird die Handlung auf einen Platz, an dem eine junge Diplomandin, ein Pärchen, zwei gestresste Schülerinnen, eine Gruppe von älteren Zeittouristen, ihre erste verifizierte Zeit-Reise- Führerin und noch abstraktere Erscheinungen wie der Zeitgeist oder ein Zeitsoldat aufeinander treffen.
Auf diesem Zeitplatz scheint das Zeitraumkontinuum sich in individuelle Welten der Protagonisten aufzulösen. Sie begegnen sich und gleichzeitig laufen sie einander vorbei. Die Zeit wird verschieden wahrgenommen, wird rückbetrachtet, analysiert, verteufelt und mehr von ihr gewünscht. Die Zeit vergeht innerhalb des Stückes wie im Flug, Handlungsabläufe werden zum Schluss erzählt, indem von der Konfliktschilderung zur Auflösung gesprungen wird. So findet die Zeit auch hier ihr Ende – mit dem Tod, einem Geburtstag, den letzten zwei Seiten, dem Ferienbeginn oder mit dem Entschluss die Zeit effektiver, persönlicher zu nutzen. “Cut“ präsentiert sich als ein gelungenes Stück Jugendtheater, das seinem Publikum mehr zumutet als nur reine Schaukunst und –Lust. Mehr als banale Widerspiegelung jugendlicher Sorgen bzw. Konflikte eines Lebensabschnittes oder einer Minderheit. Vielleicht weil die vereinten Mitwirkenden vieler Generationen unter diesem Umstand den Zeitgeist besser erfassen konnten, als es der subjektiven Wahrnehmung eines Schöpfers entspräche.
Die Bühnenausstattung erscheint eher minimalistisch. Zwar wird auch mit Live-Ton/Musik, Licht und einigen Requisiten gearbeitet, doch leider hie und da ein wenig unbeholfen. Eine Erklärung für die unnötige Verwandlung von Fallrohren beispielsweise – die in einer Szene eine Baustelle bzw. Säulen nachbilden sollen – zum überdimensionalen Blasinstrument findet sich nicht, und dient somit nur als ein Lückenfüller innerhalb der Inszenierung. Dies hat jedoch die gut durchdachte Dramaturgie des Stückes nicht notwendig und so wäre auf das eine oder andere Nebenelement gut zu verzichten.
Anders beim Einsatz der Laiendarsteller. Ein wiederentdeckter Aspekt, der viel zur Authentizität beitragen kann, beim gelungen Einsatz zu fesseln weiß und den einfachen Theaterbesucher zum Voyeur werden lässt. Hier ist weiteres Potenzial erkennbar und verlangt auf jeden Fall nach mehr. Mehr von Stücken wie diesen, mehr Mut, mehr Vertrauen in die Wahrnehmung der Jugend, dann ist die Kulturzeit auch gut investiert.
weitere Kritiken:
Cut – eine bewegte Zeit /// Marlene Groihofer
Egal was kommt – die Zeit vergeht /// Sara Schausberger
Premiere: 7.Juni 2010 – Dschungel Wien
Inszenierung, Künstlerische Leitung: Claudia Bühlmann; Produktionsleitung: Julia Stiefelbauer; Dramaturgische Beratung: Odette Bereska; Regieassistenz: Angela Sirch, Rebecca Eder; Regiehospitanz: Florian Pesel; Musik: Philipp Karajev; Darsteller_innen: N.N.