„Christiane F.“ (theater.wozek) ///
Sarah Wimmer ///
„Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ ist die wahre Geschichte einer Jugendlichen aus Berlin, die in die Welt der Drogen und der Prostitution geschlittert ist und den Ausstieg niemals wirklich schaffte. Das Buch wurde 1981 verfilmt und auch das theater.wozek versuchte das Leben der Jugendlichen Christiane F. auf die Bühne zu bringen.
Es öffnete sich die Tür am 25. November 2010 im Dschungel Wien und der Zuseher kam in den dunklen Theatersaal, nahm Platz und sah auf einem künstlichen Rasen ein Mädchen liegen, das sich auf einem weißen Blatt Papier ein Inselparadies entwarf. Schon zu Beginn zeichnete sich das Konzept des gesamten Jugendtheaterstückes ab – den Zuseher in einen schwebenden Zustand der Unwissenheit und Verwirrung zu führen. Das Leben der drogenabhängigen Jugendlichen wird in keiner chronologischen Ordnung und auch nur auszugsweise gezeigt und weist inhaltliche, sowie zeitliche Sprünge auf, die immer wieder unterbrochen werden indem man beim Zuseher den Eindruck erweckt, sich in einer Theaterprobe zu befinden. Vor allem das Ende lässt einen zweifeln, ob nun das Schicksal der Christiane F. im Vordergrund steht, oder jenes der Darstellerin, die eine erfundene Lebensgeschichte nach der anderen erzählt. Das Theaterstück bzw. die Probe wird sehr abrupt beendet und der Zuseher wird mit einem Gefühl der Verwirrung zurückgelassen, aber dennoch wird das Schicksal der Christiane F. sehr beeindruckend erzählt, wobei vor allem die Musik und die Bilder sehr eindrucksstark und aussagekräftig sind. Vor allem die Szene des Entzugs lässt dies erkennen, die sehr eindrucksvoll durch die aussagestarke Musik und Blackouts dargestellt wird.
Auch das Bühnenbild, das drei markante Räume ihres Lebens, das Land, die Straße und ihr Zimmer zeigt, unterstreicht die Verwischung der Grenzen, die sich durch das gesamte Stück zieht. Von der Jugend der Christiane F., bis zu den Theaterproben und hin zu den Erzählungen des Jan Niklas, ihres Sohnes, die vor allem durch das Benützen von Spielzeugfiguren den Anschein von Absurdität erwecken, gibt es keine klare Grenze zwischen Diegese und Nicht-Diegese, eine Szene fließt in die andere. Und dennoch stellt das Ganze ein Kontinuum dar, denn die Drogensucht und der mit ihr verbundene Absturz sind immer präsent.
Dem theater.wozek gelang es somit den Bogen aus den Siebziger Jahren in das heutige Wien zu spannen und zeigt in einem eindrucksvollen Jugendtheaterstück, das zum Nachdenken anregt, dass das Schicksal der Christiane F. kein Einzelfall ist.
weitere Kritiken:
Sie hat schon was geleistet, sie hat überlebt /// Reinhard Strobl
Christiane F. /// Marlene Groihofer
Hinter den Kulissen der Kinder vom Bahnhof Zoo /// Sara Schausberger
Premiere: 24.11.2010 – Dschungel Wien – theater.wozek