Dog Stories (werk 89) ///
Underdogs Rock! /// Elisabeth Hochwarter ///
Frontal, laut und rockig ist die Suche der zwei Underdogs Lai Fu („Glück kommt“) und Wang Cai („blühender Reichtum“) nach Glück, Erfolg und Wohlstand. Der eine gutgläubig (Yap Sun Sun), der andere berechnend (Suse Lichtenberger), bilden die ungleichen Landeier in der Anonymität der Großstadt doch immer wieder ein Team. Der eine spielt Schlagzeug, der andere E-Gitarre; der eine ist ein harter Kerl mit Nieten auf der Lederjacke, der andere ein schräger Typ mit blindem Gehorsam in trashiger Neonjacke. Beide wollen es schaffen. Groß rauskommen. Noch bevor das Publikum richtig sitzt, legen die beiden mit sprühendem Eifer los. Sie wollen Stars werden, ganz große Schauspieler_innen, so richten sie sich ans Publikum, das immer wieder einbezogen wird. Eines wird deutlich: hier ist eine Bühne und darauf wird gespielt, performt, improvisiert, Musik dargebracht. Und so sieht auch das Bühnenbild aus: wie eine Mischung aus Rockkonzert und nächtlicher Baustelle.
Musikalische Einlagen zitieren und persiflieren bekannte Songs und fungieren als Übergänge zwischen den einzelnen Orten und Geschehnissen. So landen die beiden im Krankenhaus, in der zu horrendem Preis aus Versehen der Dünn- statt der Blinddarm entnommen wird oder im Gefängnis, wo Wang Cai eine Karriere zum Obergangster im Knast durchläuft. Ein Gelegenheitsjob als Wachpersonal wechselt mit kurzfristigem Reichtum, der aber auch nicht glücklich macht. Was bleibt, ist die Freundschaft: Hunde sind loyale, gehorsame Wesen. Was bleibt, ist auch Ernüchterung: einmal Underdog, immer Underdog. Warum noch leben?
„Dog Stories“ beruht auf dem Stück „Lebensansichten zweier Hunde“ (2007) des chinesischen Autors und Regisseurs Meng Jinghui und erzählt von den Schattenseiten der Globalisierung. China dominiert zwar den Weltmarkt, auf der anderen Seite stehen aber die Verslumung der Städte und hohe Arbeitslosigkeit. In der vom Theaterkollektiv werk89 adaptierten Fassung des Stücks blitzen Verweise auf China durch – etwa in den Namen der Hunde, der Projektion von Maos Antlitz oder weil neben Deutsch auch Englisch und Chinesisch gesprochen wird. Das Stück legt zwar den chinesischen Ursprung offen, wird aber auf eine allgemeingültige Gesellschaftskritik gehoben. Es verbrüdert sich mit den Underdogs, erzählt von ihrem Streben nach Glück und zeigt mit rockig-rotziger Schnauze, dass Aufbegehren manchmal besser ist als blinder Gehorsam. Frech, atemlos nach Luft schnappend, sich bis zur Clownerie selbst überschlagend.
Premiere: 7.3.2014 – Dschungel Wien – werk 89 – ab 14 Jahren
Autor: Meng Jinghui (孟京辉); Aufführungsrechte: Drei Masken Verlag, München; Regie: Michael Alexander Pöllmann; künstlerische Assistenz: Christine Beinl; musikalische Leitung: Martin Hemmer; Ausstattung: Sebastian Pöllmann; Licht: Claus Zweythurm; Produktion & Kommunikation: Simon Hajós; Hospitanz: Marija Jociūtė; Darstellerinnen: Suse Lichtenberger, Yap Sun Sun