Theater der Jugend • Ramayana(c)Rita Newman

Ramayana /// David Farr (Deutsch von Henry Mason) /// Theater der Jugend /// 13+ /// Theresa Luise Gindlstrasser ///

Ramayana, das ist eine indische Kunstdichtung die wahrscheinlich zwischen dem 4. Jahrhundert vor und dem 2. Jahrhundert nach Chr. entstanden ist. Das Epos zeichnet die Geschichte vom Königssohn Rama und seiner Frau Sita und wie die beiden nach allerlei Wirren wieder zu einander finden. (Anstatt dass Rama König wird, wird er aus der Stadt verstoßen, der Dämon Ravana raubt seine Frau Sita, der König der Affen sichert ihm Hilfe bei der Suche zu, diese gelingt.) Neben dieser Liebesgeschichte ist der Text Allegorie und Vermittlung lebensweltlichen Wissens.

David Farr hat eine Bühnenfassung für junges Publikum daraus gemacht, die im Theater der Jugend von Henry Mason, in der eigenen Übersetzung, inszeniert wurde. Acht Schauspielende übernehmen eine Vielzahl an Rollen, eine jede durch aufwendiges Kostüm und Maske klar von jeder anderen differenziert. So bleibt es möglich den Überblick über die überbordende Geschichte (Dauer: 2 Stunden 30 Minuten) zu bewahren. Die vielen Reise- und Kampfszenen der Erzählung werden teils mit Puppen abstrahiert. Manchmal, wenn zum Beispiel ein Vogel (Puppe) im Flug eine für den Fortgang der Erzählung wichtige Blumenkette verliert, dann fällt diese zu Boden und landet um den Hals des Affen Hanuman (Lukas Sartori). Manchmal also führt das Puppenspiel zum Menschenspiel.

Die Geschichte von Rama und Sita ist in ihren Schleifen, Fortschritten und Rückschlägen definitiv als total üppig zu bezeichnen. Dazu kommt eine total üppige Bühne mit Drehelement, Videoprojektionen, interaktiven Elementen und allerlei Dekor (Luster und Lampen, Gräser, die von der Decke fallen, Radios, Schirme). Und Regie? Auch definitiv total üppig. Viele und viele verschiedene Ideen halten trotz Schleifen, Fortschritten und Rückschlägen die Spannung. Und mehr als das, in dieser Regenbogen-Nebel-Musik-Welt mit all ihren Wundern und Witzen lässt es sich wunderbar versinken und staunen.

Schon im Programmheft steht geschrieben, dass das Ramayana sich wie „viele religiöse Texte […] als irrational, frauenfeindlich oder gesellschaftliche Verhältnisse zementierend deuten“ lässt. So hier geschehen: Das fängt damit an, dass die Guten im Norden, die Bösen im Süden beheimatet sind (irgendwann fällt auch das Wort „Südländerhure“), geht weiter mit dem Aussehen der jeweiligen Proponenten. Im Norden haben sie helle Hautfarbe und tragen bunte Gewänder, im Süden haben sie Dreads, Tatoos, verunstaltete Körper und tragen grelle Kleider (vgl. Game of Thrones oder Lack und Leder Fetisch), die Frauen sind hier verschleiert. Der Prinzessin Sita wird irgendwann das Gesicht schwarz angemalt. Dergestalt soll sie in die Verbannung entlassen werden. Sie sagt: „Ich leuchte von Innen“ (und trifft damit ins Schwarze der Blackfacing-Debatte: Diese Geste wird hier ohne jede kritische Reflexion als genau die diskriminierende und erniedrigende eingesetzt als welche sie entstanden ist). Die Guten sprechen von Weisheit, die Bösen von Unternehmergeist, Expansion und Individuum und können trotz all der Sinnenfreuden-Freiheit nur schlecht ihre Angst vor dem Tod verbergen. Irgendwann wird einer Figur der Kopf abgeschlagen, natürlich von diesen Südländern, und das Bild erinnert verstörend an ganz andere Bilder. Neben Geschichte, Bühne und Regie gibt es also noch ein üppiges politisches Unbehagen. Ein bisschen wie Universum ansehen. Schön und ganz schön verstrickt in Diskurse des Exotischen, ja Rassistischen.

Regie: Henry Mason, Bühne: Vinzenz Karl Gertler, Kostüme: Jan Meier, Licht: Christian Holemy, Figurendesign / Figurenbau und Coaching: Rebekah Wild, Dramaturgie: Marlene Schneider. Mit: Joachim Rathke, Manolo Palma, Iréna Flury, Daniel Jeroma, Lukas Sartori, Andreas Kammerzelt, Christian Graf, Katharina Solzbacher

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