Cosma Superheldin
von Theater foXXfire! | Dschungel Wien | 9+ | Julia Gramm
In Cosma Superheldin bekommt das Publikum Einblicke in Cosmas Familienleben, das sicher vieles, aber sicher nicht „super“ ist. Ihre Mutter (Lisa Kärcher) ist geschäftlich oft verreist. Zuhause angekommen legt sie nur Boxenstopps ein: Sie feuert zig Fragen auf Cosma (Emma Filipovic) ab, während sie tausend Dinge gleichzeitig macht, außer die Antworten ihrer Tochter abzuwarten – Dann ist sie wieder futsch. Deshalb ist Cosma die meiste Zeit mit ihrem Vater (Franz Quitt) alleine, der an einer bipolaren Störung zu leiden scheint. Mal ist er König Ludwig, die Sonne selbst, mal verkriecht er sich tagelang im Elternschlafzimmer … Cosma muss oft die Elternrolle für ihren Vater übernehmen: Sie sorgt etwa dafür, dass sie beide regelmäßig etwas essen. Sie bleibt während seiner depressiven Phasen bei ihm zuhause, anstelle in die Schule zu gehen, weil sie meint, dass sie ihn nicht alleine lassen kann.
Die Autorin Alexandra Ava Koch nimmt dankenswerterweise Abstand davon, am Ende alles gut werden zu lassen: Die Mutter behält ihren Job, die mentale Gesundheit des Vaters verbessert sich nicht schlagartig. Es ist Cosma, die Veränderung initiiert. Mit Hilfe der Nachbarin Hexe (ebenfalls Kärcher) erkennt sie ihre Agency und fordert ihr Recht, „nur“ ein Kind zu sein, bei ihren Eltern ein. Diese hören ihre Forderung und sehen schließlich ein, in welch schwierige Lage sie ihre Tochter gebracht haben. Es ist ein bittersüßer Schluss: Cosmas Einstehen für ihre eigenen Bedürfnisse sendet eine empowering message an das junge Publikum. Gleichzeitig wirkt ihre Reaktion auf die familiäre Schieflage befremdlich reif für ein Kind, was wiederum verdeutlicht: Cosma hätte nie in diese Situation kommen dürfen.
Das Bühnenbild von Karoline Hogl spiegelt eindrucksvoll die familäre Situation wider: Das zentrale Element ist eine Couch, die auf zwei Beistelltischen balanciert, überall verlaufen Rohre. Um sich durch dieses instabil wirkende Kuddelmuddel zu bewegen, müssen die Schauspieler*innen stets ihre Schritte gut wählen, über etwas klettern oder sich unter etwas durchbücken. Diese Bewegungsmuster verdeutlichen auf visueller Ebene, wie schwierig und anstrengend das Lebenssituation für die Protagonistin ist. Die drei Darsteller*innen beeindrucken alle mit ihrem Spiel, die Superheldin auf der Bühne ist aber jedenfalls die Jungschauspielerin Emma Filipovic. Sie mimt die anspruchsvolle Titelrolle tadellos und steht ihren erwachsenen Kolleg*innen in Nichts nach.
Cosma Superheldin ist eine bittersüße Geschichte über ein Kind, dass sich seines Handlungsraums bewusst wird und lernt, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Unterstrichen wird die Handlung von einem einprägsamen Bühnenbild, das meisterlich von den drei Darsteller*innen bespielt wird.
Autorin: Alexandra Ava Koch | Regie: Richard Schmetterer | Ausstattung: Karoline Hogl | Dramaturgie: Sandra Feiertag | Darsteller*innen: Emma Filipovic, Lisa Kärcher, Franz Quitt | Foto: Richard Schmetterer | Szenenfotos: Rainer Berson