„Wolf“ (Dschungel Wien & het MUZtheater) ///
Wenn das Ende erst der Anfang ist, wo dann beginnen? Wo enden? /// Tomáš Mikeska ///
Blutverschmiert. Ein junges Paar liegt auf einem Sandhaufen, der die Bühne dominiert. Unsanft streichelt er – genannt Wolf – ihren Kopf. Wie das Kleinkind ein Hundejunges. Regungslos, schlafend, scheintot ruht sie – namens Virginie – währenddessen in seinem Schoß. Umgeben von einem Halbkreis aus weißen Stoffwänden. Die erinnern an die Blutbilder eines Hermann Nitsch. Vor allem dann, wenn sie von den Darsteller_innen selbst mit roter Farbe bespritzt und beschmiert werden. Eine reduzierte Kulisse, trotz ihrer Übergröße. Einheitlich und stimmungsvoll fügt sie sich in das Erzählte hinein und ermöglicht viel versteckte Inszenierungsfreiheit. Blutmond.
Mit viel Feingefühl inszeniert der niederländische Autor & Regisseur Theo Fransz seine ungewöhnliche Geschichte zweier Liebenden im Dschungel Wien. Doch so ungewöhnlich ist die Geschichte eigentlich nicht.
Er, Wolf (Florian Hackspiel), verliebt sich in sie, Virginie (Michèle Rohrbach). Eine verbotene, an sich unmögliche Liebe. Denn Wolf ist ein Tier in Menschengestalt und auf einem animalischen Rachefeldzug gegen seine Feinde, die Jäger, die Menschen. Virginie, ein Menschenkind und doch anders als die Anderen. Nicht nur, weil sie Wolfs letztes Opfer sein muss, denn so will es die Bestimmung. Zwei Außenseiter, beide die Letzten ihrer Art. Er ein Wolf, sie eine Sandstreuerin. Mystische Figuren, die verschollenen Sagen entflohen sein könnten. Vom Schicksal herausgefordert, von Göttern verflucht und in Liebe unsterblich vereint, steuern sie auf ein blutiges Ende zu. Doch auch hier ist das Ende wieder nur der Anfang. Oder wie war das noch?
Theo Fransz Inszenierung überzeugt mit Reife, die am Jugendtheater oftmals vergeblich gesucht wird. Mit unaufdringlicher Poesie, bemerkenswerter Bildsprache, gewitzten Dialogen und einem überzeugenden Zusammenspiel der beiden Darsteller_innen erfährt das außergewöhnliche Bühnenbild (großartig: Mareile Krettek) eine Verwandlung, die verzaubert. Ein starkes Stück jungen Theaters, bei dem kleine Ausrutscher im Einsatz von übermächtiger Musik (Etta James’ „At Last“) gerne verziehen werden.
weitere Kritik: Pathetisch starke Blutrache: „Wolf“ /// Sara Schausberger
Premiere: 17.04.2013 – Dschungel Wien – het MUZthaeter
Autor, Regie: Theo Fransz; Ausstattung: Mareile Krettek; Musik: Jan-Willem van Kruyssen; Dramaturgie, Regieassistenz: Martina Maggele; Lichtdesign: Stefan Enderle ; Darsteller_innen: Michèle Rohrbach, Florian Hackspiel