„Der kleine Harlekin“ – Wiener Taschenoper ///
Ein Feuerwerk für die Sinne – die Wiener Taschenoper präsentiert vier Werke von Karlheinz Stockhausen für Kinder ab 8 Jahren unter dem Konzept und der Regie von Carlus Padrissa (La Fura dels Baus), Roland Olbeter und Franc Aleu /// Katrin Hammerl ///
Die Stockhausen-Werkschau umfasst vier seiner Werke – „Der kleine Harlekin“, „Laub und Regen“, „Drachenkampf“ und „Mission und Himmelfahrt“ – in einer 95minütigen Aufführung. Sein philosophisches Denken anderer Dimensionen, Mysterien, Engel und Teufel (im Kern der Erde) hat das Team rund um Carlus Padrissa in kraftvolle visuelle Mittel gehüllt – die Musik gerät dabei bisweilen in den Hintergrund.
Das Bühnenbild verführt schon zu Beginn in einen Wald bestehend aus Bambusstäben, brennendem Feuer und einer großen Vogelscheuche. Darin, einmal lachend, einmal weinend: der kleine Harlekin (Merve Kazokoglu) – eigentlich eine Sie. Gekleidet in einen hautengen Ganzkörperanzug mit typisch harlekinesken Rauten, von denen einzelne leuchten. Harlekin spielt Klarinette, während sie springt, tanzt, sich von einem weißen Engel helfen lässt und gegen Luzifer kämpft. Mit dem Mann im Laub hat Harlekin ihren Spaß. Die komödiantische Körpersprache aller Figuren erzeugt die wortlose Handlung und ist eine sinnvolle Schablone für die abstrakte Musik. Das Situationsspiel der Archetypen wird durch einzelne Töne und Klänge verzerrt und überhöht. Das Lachen über die Figuren mag den emotionalen Zugang zur Musik erleichtern. Aber ab und an überlädt die ausgetüftelte Bühnen- und Körpertechnik die fragilen Töne.
So vor allem im zweiten Teil: Bambuswälder, Explosionen, Rauchherde und Laubregen werden übertroffen von einem beweglichen Drachen, der Feuer speit und insbesondere von den Video-Animationen (Franc Aleu).
Zu Beginn noch ist man gebannt vom Zusammenspiel der Synthesizer-Klänge und einer Raumschiff-Animation. Doch bald dominiert Visuelles über Gehörtem: Unzählige Blüten entstehen und vergehen in den unterschiedlichsten Farben, Formen und Kontexten, scheinbar endlos. Lichtreflexe und geometrische Formen verwandeln sich in Erdbälle, die wiederum zu Feuerbällen werden… Alles verändert sich immerfort, und wir brauchen uns deshalb an nichts festzuklammern, oder, mit dem einzig gesprochenen Satz ausgedrückt: „Es gibt kein Zuhause, auch Engel sind ewig unterwegs“. Das Motiv ist bemerkenswert visualisiert, die Inszenierung im Ganzen hätte aber – auch im Sinne Stockhausens, dessen Musik mit lang gezogenen Einzeltönen und Leerstellen spielt – etwas mehr Mut zur Stille und Leere vertragen.
Premiere: 22. November 2013 – Dschungel Wien
Künstlerisches Konzept, Inszenierung: Carlus Padrissa (La Fura dels Baus); Künstlerisches Konzept, Bühne: Roland Olbeter; Künstlerisches Konzept, Video: Franc Aleu (Urano); Regiemitarbeit: Jewgenij Sitochin; Kostüme: Chu Uroz; Pyrotechnik: Thomas Bautenbacher; Lichtdesign: Reinhard Traub; Dramaturgie: Thomas Ulrich; Pantomime, Tänzer: Jewgenij Sitochin; Klarinette, Basetthorn, Tänzerin: Merve Kazokoglu; Trompete: Paul Hübner; Posaune: Stephen Menotti; Synthesizer: Michael Tiefenbacher; Viola: Simon Schellnegger