„Otaku“ (Guerilla Gorillas & Dschungel Wien) ///
Otaku – ein Snuff Horror-Thriller /// Tomáš Mikeska ///
Name? Michael und Freddy. Lebensart? Otaku. Lebensumfeld? Zwischen Dracula, Mördern, Psychopathen und Un-Toten.
Holger Schobers neuestes Theaterstück offenbart sich als eine gelungene Reise in die Psyche zweier junger Männer, die jeglicher realen und moralischen Vorstellung von Gut und Böse entschwinden. Der blutigen Kreativität vieler Filmautoren verfallen, stellt Horror den Mittelpunkt ihres Daseins dar. Sie sprechen in Zitaten, urteilen anhand von Genregeschmäckern und verurteilen andere gar bis zum Tode. Es scheint als hätte das Leben für sie an Wert verloren. Inspiriert von Splatter- Movies, Snuff-Filmen, Psychothrillern und vielen anderen Subgenres des Leinwandhorrors, sind sie selbst auf der Suche nach immer neuen Opfern. Von Cybermobbing über Telefonterror, bis hin zur Tötung harmloser aber nerviger Haustiere, all das prägt ihre Vergangenheit. Nun jedoch muss ein weiterer Schritt gewagt und Mord begangen werden. Abstumpfung? Irrsinn? Deutlich erkennbar findet “Otaku“ seine Inspiration bei Filmen wie “Mord nach Plan“ (2002), “Hard Candy“ (2005) und anderen weniger bekannten Perlen dieses Genres.
Holger Schober überzeugt gänzlich mit seinem filmgeschichtlichen Wissen und sorgt mit seinen wunderbar absurden Dialogen und einer flüssigen Erzählweise für mehr als nur spannende 90 Minuten des Jugendtheaters. In seiner äußeren Einfachheit kann “Otaku“ mit jeder Low-Budget Leinwandproduktion mithalten, doch filmhistorisch und dramaturgisch bietet dieser Theaterabend mehr als so mancher Splatter-Film. Gut recherchiert, gekonnt erzählt, verspielt dargestellt und unspektakulär in Szene gesetzt, überzeugt er als ein intermediales Konzept und neuartiges Theater für Jugend. Kritik an Abstumpfung durch Gewalt in den Medien ist so wenig erkennbar, wie ein Urteil über die Taten geistesgestörter Mörder der realen Welt wie Otaku einer war. Fragen werden aufgeworfen, jedoch nicht kommentiert oder gar überheblich beantwortet. Die erzählte Welt steht im Vordergrund und erlaubt nach dem unerwarteten Wendepunkt jede Art der persönlichen Interpretation.
Ein Stück neuen Jugendtheaters, das einige aufwendigere Inszenierungen großer Häuser in den Schatten zu stellen vermag. “Otaku“ weiß zu fesseln und verleitet zur Nachrecherche, denn die Augen vom Bühnengeschehen abzuwenden fällt hier schwer – unbedeutend ob aus Liebe oder Langeweile gemordet wird. Oder warum eigentlich?
Premiere: 26.06.2010 Dschungel Wien
Autor: Holger Schober, Regie: Christian Strasser, Regieassistenz: Gernot Kauer, Darsteller_innen: Sebastian Pass, Sönke Schnitzer, Marion Reiser