„Diktator“ (Dschungel Wien) ///
Ich weiß nicht, was los ist! /// Reinhard Strobl ///
Diktator – Stefan Rabls theatrale Adaption von „The Great Dictator“ im Dschungel Wien
„Ich bin noch immer hier im Lager“, liest Massud Rahnama aus einem Brief an seine Schwester vor. Massud ist eine der Hauptfiguren des Stücks „Diktator“, das am 27.09 unter der Regie von Stephan Rabl im Dschungel Wien uraufgeführt wurde. Die anderen Figuren: Charly Chaplin und Adolf Hitler resp. Adenoid Hynkel aus Charly Chaplins Film „The Great Dictator“.
Erzählt wird auf vier verschiedenen Ebenen, slapstickartige Szenen, die an die Filmvorlage erinnern, Darstellungen eines Diktators, Szenen aus einem Lager und quasi auf einer Metaebene wird ein Filmset dargestellt, das dem Schauspieler Massud Rahmana ermöglicht, biographische Details über Chaplin und Hitler nachzureichen. Diese kurzen sprachlichen Intermezzi bilden eher die Ausnahme, die Inhalte des Stücks werden vielmehr auf einer musikalischen Ebene durch (teilweise live gespielte) Musik des Musikers Matthias Jakisic und die TänzerInnen vermittelt – so spiegeln zuckende und abgehackte Bewegungen die albtraumhaften Bedingungen im Lager, während „tolpatschige“ Bewegungen Chaplins Unvermögen visualisieren, mit den Vorgaben des totalitären Systems Schritt zu halten. Zentral ist das einfache aus sechs Stahlrohrbetten bestehende Bühnenbild von Lale Günay – anfänglich noch als Lager, dann Marschgelände, bis zwei übereinandergestellte Betten ein Podium für den Führer ergeben – fortwährend unterstützt vom klugen
Lichtdesign Stefan Enderles.
Etwas missglückt wirkt hingegen die Persiflage auf die Führerreden. Die Rhetorik und Gestik nachahmend hört das Publikum nur Versatzstücke und Kauderwelsch, um die Absurdität des Gesagten hervorzuheben – eine Absurdität, die z.B. in Helmut Qualtingers Lesungen aus „Mein Kampf“ viel deutlicher zu sehen war. 70 Jahre sind vergangen, seit Charly Chaplins Film das erste mal projiziert wurde – unklar bleibt, warum dieses Jubiläum mit einer Apaption fürs Theater begangen wird – die diversen filmischen Referenzen machen jedoch auf jeden Fall Lust Chaplins Original wieder zu sehen.
Premiere: 27. September 2010 – Dschungel Wien
Konzept, Regie: Stephan Rabl; Komposition, Livemusik: Matthias Jakisic; Lichtdesign: Stefan Enderle; Darsteller: Massud Rahnama; Tänzer_innen: Agnieszka Dmochowska, Julia Hechenblaikner, Marie-Thérèse Leopoldsberger, Harald Pretschner