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Warum das Kind in der Polenta kocht (makemake produktionen) ///

Das Glück wohnt nicht im Zirkus /// Elisabeth Hochwarter ///

Das Musiktheater „Warum das Kind in der Polenta kocht“ von makemake produktionen im Dschungel Wien. Ab 11 Jahren.

Polenta ist eine Lieblingsspeise des jungen Mädchens. Die Familie ist aus der rumänischen Heimat geflohen, um irgendwann ein Haus bauen zu können. Gelandet ist sie beim Zirkus und der – so weiß das Zirkuskind – „ist immer im Ausland“. Was die Mutter kocht, riecht nach Heimat; schmeckt im Ausland aber anders – „wegen der Sehnsucht“. Wenn die Mutter als Attraktion mit ihren Haaren an der Kuppel des Zeltes hängt, erzählt die große Schwester das Märchen vom Kind, das in der Polenta kocht. Es soll von der noch größeren Angst um die Mutter ablenken.

Das Stück unter der Regie von Sara Ostertag beruht auf dem autobiografischen Roman der Schauspielerin und Schriftstellerin Aglaja Veteranyi. Das ständige Herumreisen, das Arbeiten im Kindesalter als Artistin und Tänzerin, die fehlende Schulzeit – all das hat Veteranyi selbst erlebt. Bis 17 war sie Analphabetin. Bis zu ihrem Selbstmord (2002) beschäftigte sie sich in ihren Romanen immer wieder mit den Erlebnissen ihrer Kindheit. So dunkel die Geschichte, so lebendig, leicht und von kindlicher Fantasie getragen ist die Sprache und Stimmung des Stücks. Erzählt wird aus der Perspektive des Kindes in kurzen und rhythmischen Sätzen; das Tragische ist von Komik begleitet: „Beim Schlachten kreischen die Hühner international, wir verstehen sie überall.“

Auch die Musikeinlagen tragen zur gärenden Leichtigkeit der Inszenierung bei und verstärken die Gefühlswelten des Stücks. Bratschistin und Sängerin Jelena Popržan ist für die Komposition verantwortlich. Sie kombiniert Volkslieder und klassische Instrumente mit elektronischer Musik samt Live-Loops. Dazu mischen sich experimentelle Klänge von selbstgebauten Instrumenten (Hans Tschiritsch) – etwa ein Propeller oder ein Gehstock mit Saiten. Objekte, die vielfältig benutzbar sind.

Wandelbar sind auch die Schauspielerinnen, sie schlüpfen in mehrere Rollen. Michèle Rohrbach und die zehnjährige Sarah Bahmou verkörpern als beeindruckendes Duo das Zirkuskind, ein erwachsenes Kind oder eine kindliche Erwachsene. Das Kind sagt: „Mein Vater starb an Abwesenheit. Meine Mutter lebt in Ohnmacht. Meine Schwester ist nur die Tochter meines Vaters. Aufgewachsen bin ich allmählich.“

Die Zirkuswelt ist eine aufregende Welt, die hinter den Kulissen von Schönheit auf Brutalität, von Staunen auf Entsetzen umschlägt. Das Kind sagt: „Nein, mein Vater ist nicht traurig. Er ist Clown, Ja.“ Das Stück ist traurig, humorvoll und unterhaltend. Eine sehr empfehlenswerte Reise in eine harte, heimatlose Welt, in der Fantasie und Humor überlebenswichtig sind.

Premiere: 7.3.2014 – Dschungel Wienmakemake produktionen – ab 11 Jahren

Autorin: Aglaja Veteranyi; Bühnenfassung & Regie: Sara Ostertag; Komposition: Jelena Popržan; Dramaturgie, Musikvermittlung: Maria Tunner; Theaterpädagogik: Brigitte Moscon; Ausstattung: Nanna Neudeck; Grafik: Birgit Kellner; Lichtdesign: Severin Mahrer; Technik Drehscheibe: Peter Jokl; Instrumentenbauer: Hans Tschiritsch; Musikerinnen: Jelena Popržan, Anna Starzinger; Darstellerinnen: Sabine Muhar, Michèle Rohrbach, Sarah Bahmou; Regieassistenz: Laura Andreß; Ausstattungsassistenz: Martina Maggale; Hospitanz: Sabine Kleon

 

 

Von Nora

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