Gen Z: Heute wird zerstört von House of Hybrid Rebels & Dschungel Wien | Dschungel Wien | 14+ Jahre
Alles muss raus: Es wirkt so, als müssten die vier Figuren – junge Wiener:innen mit Migrationsgeschichte – dem Publikum stellvertretend für so viele andere Jugendliche alles entgegenwerfen, was ihnen bis jetzt entgegen geflogen ist. Dieses Alles ist leider nichts Erbauliches, sondern eine Lawine von rassistischen und sexistischen Erfahrungen. Mit viel gerechter Wut wird hier ausgeteilt: Institutionen, Politik, die sogenannte Mehrheitsgesellschaft und allen voran Erwachsene müssen sich viel vorwerfen lassen.
Immer wieder fallen erschütternde Oneliner: Etwa als Yves Jambos Charakter vom Home Schooling während des Lockdowns erzählt – ein Laptop, ein Zimmer, vier Geschwister – und sagt: „Entweder hattest du WLAN oder du warst verschwunden.“ Feststeht: Wer sich dafür entscheidet, sich mit Schüler:innen oder Kind(ern) dieses Stück anzusehen, entscheidet sich auch dafür, mit ihnen im Anschluss Gespräche über intersektionalen Rassismus und Sexismus zu führen.
Die Inszenierung wird getragen von ihren talentierten Schauspielenden: Sie überzeugen mit ihrem Spiel, ihrem musikalischen Können – von Body Percussions bis zu Rappen – und ihren comic timing. Denn ja, komisch ist das Stück tatsächlich auch: Es gelingt im Text immer wieder, das Komische aus dem Tragischen herauszukitzeln. In der Inszenierung werden immer wieder popkulturelle Spielereien eingebaut: Zu Anfang stellen sich etwa die einzelnen Figuren vor. Dafür treten sie aus der Gruppe heraus und deuten an, einen langen Reißverschluss zu öffnen, durch den sie sodann steigen und sich in direkter Ansprache dem Publikum vorstellen. Während des Öffnens wird ein passendes Geräusch eingespielt. Sowohl der unsichtbare, aber gut hörbare Reißverschluss und der fourth wall break im Scheinwerferspot erinnern dabei an Zeichentrickklassiker wie Bugs Bunny. Momente wie diese sind im Stück gut verteilt und geben dem Publikum die Gelegenheit, herzlich über etwas Albernes lachen zu können. Gleichzeitig sorgen diese Verschnaufpausen dafür, dass die wütende Kritik, die wieder folgt, mit größerer Wucht landen kann.
Das Stück zeigt auf Diskriminierungserfahrungen, mit denen sich junge migrantische Menschen Tag für Tag auseinandersetzen müssen. Bloße Bewusstseinsbildung für die aufgezeigten Missständen genügt Gen Z: Heute wird zerstört aber nicht: Wütend und kraftvoll rufen die Darsteller:innen zum politischen Aktivismus auf. „Start to protest!“ lautet der Aufruf zum Schluss.
Text & Regie: Myassa Kraitt, Dilan Şengül | Regieassistenz: Rawan Almukhtar, Ada Günther | Musik: Leni Ulrich, Kerosin95 | Bühne: Hannes Röbisch | Kostüm: Heike Bülk, Rosa Joy Olivia Dreher | Outside Eye: Aslı Kışlal, Mani Obeya, Steffo Sourial | von & mit: Stella Biziyaremye, Yves Jambo, Maggie Al-Ghraibawi, Justina Nyarko | in Zusammenarbeit mit: Laura Asemota | Fotografie: Ina Aydoğan