„Dirty Rich“ (werk89) ///
Shakespeaere meets Amoklauf /// Sara Schausberger ///
„Dirty Rich“ in einer Uraufführung von Michael Pöll
Die Geschichte von Rich „dem Amokläufer“, in Anlehnung an Shakespeares „Richard III“ wird in „Dirty Rich“ auf einer in schwarz gehaltenen, in Nebel getauchten Bühne erzählt, die Darsteller (Maria Spanring als König Eddie und Prinzessin Anna; außerdem Jakob Beubler und Florian Kaufmann) sind ebenfalls schwarz gekleidet und stecken in schweren hohen Stiefeln. Das Publikum sitzt rund um die Bühne wie im mittelalterlichen Königssaal. Richard geht über Leichen, um an die Krone zu gelangen, sogar seine eigenen Brüder bringt er um, und zum Schluss wird auf der Bühne ein Friedhof aus schwarzen Sitzwürfeln, die zu Gräbern geworden sind, sein. Die Stimmung ist von Anfang an düster in der Inszenierung von Michael Pöll, der für sein Konzept von „Dirty Rich“, das die Geschichten der vielen Amokläufer mit Shakespeares „Richard III“ verbindet, 2010 mit dem ersten Preis des OFFSPRING.contest ausgezeichnet wurde. „Dirty Rich“ ist Tanz- und Sprechtheater in einem und versucht auf beiden Ebenen ausgesprochen cool zu sein.
Aus dem Shakespeare-Text wird ein Stück im Jugendslang, in dem englisch und deutsch ineinander verwoben werden, das Wort „fuck“ zum ständigen Begleiter wird, man einen „Lieblingsbrother“ hat und sagt: „Ich fürcht‘ fast I’m in love“. Dazwischen wird zu moderner Musik (u.a. Kings of Leon „Closer“, Lady Gaga „Beautiful, Dirty, Rich“, Element of crime) getanzt, die Tanzeinlagen erzählen das, was der Text davor auch schon erzählt hat. Die Zerrissenheit der Personen, die zwischenmenschlichen Schwierigkeiten und die dadurch ausgelösten Aggressionen werden durch die Tanzszenen im Streetdance-Stil (Choerographie: Bärbel Strehlau) verdoppelt. Durch die Wiederholung auf tänzerischer und gesprochener Ebene verliert das Stück an Spannung, Ergänzung anstatt Verdoppelung hätte mehr Sinn gemacht, weniger Musik und das Zulassen von Stille hätten gut getan.
Die Geschichte von Rich, der durch sein Verlangen nach Macht und Anerkennung in einer nicht enden wollenden Spirale aus Gewaltakten steckt, wird durch Briefe von realen Amokläufern erweitert, die zwischendurch verlesen werden. Aber auch das ändert nichts daran, dass das Stück an der Oberfläche bleibt und einen nicht tiefer in die Ursachen der Amokläufe hineinführt, dazu muss zu viel Coolness in schwarzer Ästhetik bewahrt werden. Trotz des ambitionierten Spiels der drei Darsteller: Berühren tut das nicht.
Premiere: 21.2.2011 – Dschungel Wien – werk89/Facebook
Autoren: Tom Lanoye und Luk Perceval; Regie: Michael Pöllmann; Choreografie: Bärbel Strehlau ; Coaching: Jed Van gestel, Karolien Verlinden; Dramaturgie: Julia Perschon; Bühne, Kostüm: Agnes Burghardt; Kostümassistenz: Daniela Scheidbach; Regieassistenz: Daniel Pfeiffer; Produktion: Anna Müller-Funk; Produktionsassistenz: Julia Wiggers; Lichtdesign: Claus Zweythurm; Darsteller_innen: Maria Spanring, Jakob Beubler, Florian Kaufmann