„virtualinsanity“ (flowmotion dance company) ///

Null oder Eins /// Reinhard Strobl ///

Unter der Leitung von Florian Berger zeigt die „Flowmotion Dance Company“ im Dschungel Wien die Möglichkeiten und Grenzen von sozialen Netzwerken

„Sankt Onlein“, die österreichische Antwort auf Facebook, ist nur ein Beispiel für die unzähligen sozialen Netzwerke, die aus unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sind. Interessant an den zahlreichen Online-Communitys ist einerseits die Möglichkeit faktische geographische Distanzen völlig zu überwinden – Smartphones und Tablet-PCs ermöglichen von überall den Zugang –, andererseits werden die Mitglieder auch zunehmend voneinander entfernt, da es keine realen Begegnungen mehr gibt. Alles ist nur mehr digital verfügbar, 0 oder 1, online oder offline, real oder virtuell – ein Phänomen mit dem sich die „Flowmotion Dance Company“ in ihrem Stück Virtual Insanity auseinandersetzt.

Das ganze Stück besteht vor allem aus Gegensätzen, z.B. schwarze, formale Kleidung und ein abstrakter Raum im ersten Teil werden kontrastiert von bunter Alltagskleidung und einer Spielfläche im zweiten. Anfangs steht auch vor allem die Technik im Vordergrund, insbesondere die Technologie von Spielkonsolen wie Wii oder Kinect, die benützt wird, um aus der Bühne einen überdimensionierten Touchscreen zu machen. Jede Bewegung produziert dadurch andere Projektionen bzw. verändert diese. Ein Kennzeichen in dieser Phase ist die Unberührbarkeit, das fortwährende Nebeneinander, denn obwohl es sich um eine Gruppenchoreographie handelt, scheint es so, als ob jede/r nur für sich tanzt – Beziehungen werden nur über ein projiziertes Netz sichtbar.

Im weiteren Verlauf des Stücks wird immer deutlicher, dass dieser abstrakte virtuelle Raum nicht ausreichend ist bzw. reale Begegnungen nicht ersetzen kann. Die erste Grenze die durchbrochen wird, ist die zum Publikum. Das Geschehen verlagert sich teilweise auf die Tribüne, bevor dann alle Performer auf der Bühne spielen/tanzen. Beginnend mit einem Schattenspiel bis hin zu einem freien, energetischen Tanzen, das Berührungen ermöglicht  nd niemand in bestimmte Strukturen einpasst und somit ein schönes Gegenstück zur strengen Choreographie des ersten Teils bildet.Erst am Schluss, wenn alle die Bühne verlassen, wird die digitale Welt wieder eingelassen. Ein eingehender Skype-Anruf zwingt zu einer Entscheidung – für die reale oder die virtuelle Welt – nimmt diese aber dem Publikum nicht ab.

Premiere: 27.4.2011 – Dschungel WienVirtualinsanity

Konzept, Produktion: Florian Berger; Choreografie: Florian Berger mit den TänzernInnen; TänzerInnen: Ayberk Esen, Maria Gabler, Paz Katrina Jimenez, Jan Raffael Löbl, Patric Redl, Ning Teng, Florian Berger

Von paul

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